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Gemeinsame Erklärung

von Lebenswertes Schussental, ADFC, Radfahr-Verein Weingarten, der Umwelt AG der RWU und PH und BUND Ravensburg-Weingarten

Asphaltschneise gerettet – Mobilitätswende verspielt!

Das Fahrrad ist ohne Frage das kostengünstigste, energieeffektivste und umweltfreundlichste Verkehrs- und Transportmittel. In Zeiten der Klimakrise scheint es ebenso logisch wie dringend erforderlich, diesem Fortbewegungsmittel mehr Raum zu geben – natürlich steht außer Frage, dass auch der ÖPNV ausgebaut werden muss, nicht alle Menschen Radfahren können und es auch weiter Automobil- und LKW-Verkehr geben wird. Radschnellwege als Verbindung zwischen Städten und Gemeinden sind ein wichtiger Teil der notwendigen Mobilitätswende. So soll der Radschnellweg RS 9 alle Orte im Schussental von Baindt bis Friedrichshafen verbinden.

Am vorvergangenen Montag, dem 22. April, hat eine knappe Mehrheit des Gemeinderats Weingarten in einer teils chaotischen Sitzung, deren rechtliche Gültigkeit gerade noch geprüft wird, die Entscheidung für die Variante 3 des Radschnellweges RS 9 durch Weingarten erzwungen.

Während die anderen Varianten, V1 und V2, eine Streckenführung auf der B30 alt vorsehen, soll der Radschnellweg der V 3 in einem sehr weiten Bogen über die Lägeler-, Daimler-, Brechenmacherstraße, die Blumenau und die St.-Konrad-Straße führen. V 3 führt mitten durch dichte besiedelte Wohngebiete, mit einem erheblichen Umweg und weit an der Innenstadt vorbei.

Die Variante V 3, bei deren Ausarbeitung es, im Gegensatz zu den Varianten V 1 und V 2, keine Bürgerbeteiligung gab, widerspricht auch der Expertise des Planungsbüros Bernard, das bereits für zahlreiche andere Städte europaweit Radschnellwege geplant hat. V3 steht auch den Empfehlungen von ADFC und Radfahr-Verein-Weingarten entgegen. Sie ist sehr wahrscheinlich als Radschnellweg nicht umsetzbar und wird eventuell vom Verkehrsministerium nicht genehmigt. In jedem Fall verzögert sich eine notwendige Veränderung der Infrastruktur, Lärm- und Abgasbelastung der Anwohner an der B30 alt bleiben, Steuergelder fließen in erneute und eigentlich nicht notwendige Planungsprozesse.

Diese ganzen Bedenken wurden nicht beachtet, sondern beiseite gewischt. Stattdessen wurden in der Gemeinderatssitzung der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) gegen den Radverkehr ausgespielt, die Belastung der Anwohner der B 30 alt durch Lärm und Abgase des Durchgangsverkehrs wurden ignoriert und die Studierenden wurden wieder mit Versprechen für Radwege in die Oberstadt abgespeist, während im nächsten Satz hinterher geschoben wird, dass dafür kein Geld da sei.

Der BUND und andere hiesige Naturschutzgruppen fordern schon seit 1985 immer wieder den Rückbau der B30 alt. Eine ihrer Fahrspuren sollte statt dem Autoverkehr besser dem Bus- und Radverkehr dienen. Warum stößt dieser Vorschlag immer noch auf taube Ohren? Heute, fast 40 Jahre später, hat sich unser Wissen um den menschengemachten Klimawandel und dessen Konsequenzen grundlegend verändert. Unter diesem Gesichtspunkt sind die aktuellen rückwärtsgewandten politischen Entscheidungen in Weingarten frustrierend und unverständlich.

Es ist sehr bedauerlich und unverantwortlich, dass eine Mehrheit im Gemeinderat, die Partikularinteressen verfolgt und Radfahren leider immer noch als Randerscheinung betrachtet, diese Chance zu einer zügigen, weitreichenden Verbesserung der Infrastruktur und einer deutlichen Attraktivitätssteigerung der Stadt Weingarten wissentlich verspielt hat!

Michael Dörfel und Achim Engert (Lebenswertes Schussental), Martin Hulin (ADFC), Manfred Ströhm (Radfahr-Verein Weingarten), Corinna Tonolli (BUND Ravensburg-Weingarten), Chris Ruetz und Lukas Eickhoff (Umwelt AG RWU und PH Weingarten)